Im Entwurf des Berliner Koalitionsvertrags verspricht die neue Regierung:
„Um ein breites Spektrum von Planungsbüros in die Entwicklung hochwertigen Städtebaus, Freiflächenplanung und Baukultur einzubinden, schreiben wir verstärkt Wettbewerbe nach den Richtlinien für Planungswettbewerbe (RPW) aus und sorgen für faire Vergabeverfahren.“ Die gesetzlichen Vorgaben dafür existieren mit den Richtlinien für Planungswettbewerbe und dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen längst.
Dennoch macht eine aktuelle Analyse der öffentlichen Ausschreibungen für Planungsleistungen in Berlin deutlich, dass Planungswettbewerbe eher eine Ausnahme sind. „Wir erwarten von der neuen Regierung, dass sie die Einhaltung der Gesetze zur mittelstandsfreundlichen Vergabe auch bei ihren landeseigenen Gesellschaften umsetzt“, so die Präsidentin der Architektenkammer Berlin, Theresa Keilhacker.
Um mehr Sachargumente in die Diskussion zur Vergabepraxis der öffentlichen Hand im Bereich von Architektur- und Planungsleistungen einzubringen, hat die Architektenkammer Berlin seit Ende 2020 ein Vergabemonitoring auf den Weg gebracht. Dabei stehen drei Wahrnehmungen im Vordergrund, die die Mitglieder regelmäßig an die Architektenkammer melden: Viel zu häufig würden Verhandlungsverfahren mit Teilnahmewettbewerb durchgeführt, bei denen in der Regel nur mit wenigen Büros über den Auftrag verhandelt wird. Oft wird auf eine losweise Vergabe von Planungsaufträgen verzichtet, was dazu führt, dass architektonische Leistungen zusammen mit klassischen Ingenieurleistungen an Generalplanende vergeben werden. Die geforderten Eignungskriterien sind für kleine Büros oft nicht erfüllbar, so dass sich der Wettbewerb zwangsläufig auf wenige große und bereits etablierte Büros beschränkt. Die Ergebnisse des Monitorings liegen jetzt vor:
Zu wenig Wettbewerbe
Nicht alle Planungsleistungen für die Fachrichtungen Architektur, Innenarchitektur, Landschaftsarchitektur sowie für Stadtplanung sind gleichermaßen für die Durchführung eines Planungswettbewerbes geeignet. Dies erfordert in der Regel, dass im Hinblick auf ihre Qualität vergleichbare kreative Lösungsansätze für eine vorher vorgegebene Aufgabenstellung angeboten werden können. In Bezug auf diese Verfahren wurde in den letzten 12 Monaten nur bei etwas mehr als einem Drittel der für Planungswettbewerbe geeigneten Verfahren auch tatsächlich ein entsprechender Wettbewerb gemäß der dafür geltenden Richtlinie für Planungswettbewerbe (RPW) durchgeführt.
Zu große Vergabepakete
Darüber hinaus sind Vergaben problematisch, wenn sich die Ausschreibung verschiedener Planungsleistungen, wie beispielsweise die Objektplanung, Technische Gebäudeausrüstung oder die Freianlagenplanung, nur an einen Generalplaner richtet und damit den Bieterinnenkreis unnötig einschränkt. Bei 75 Prozent der Verfahren für Planungsleistungen im Bereich des Hochbaus wurden diese mit zusätzlichen Fachleistungen verknüpft. Damit ist, ohne Einzelfallprüfung, eine Abweichung zum Gebot der mittelstandsfreundlichen Vergabe der Planungsleistungen in Berlin eher 2 die Regel und nicht die Ausnahme – genau anders, als dies im Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB, § 97, Abs. 4) vorgesehen ist.
Zu hohe Marktzugangshürden
Im Ergebnis gibt es in der Praxis eine Vielzahl von Marktzugangshürden für kleinere Büros, die nicht nur unmittelbar über die Eignungskriterien, sondern auch mittelbar über entsprechende Auswahlverfahren aufgestellt werden. Das Vergabemonitoring zeigt in acht von zehn der erfassten Verfahren, dass es für kleine und mittlere Planungsbüros nicht oder kaum möglich ist, überhaupt an Vergabeverfahren teilzunehmen und sich um einen Auftrag zu bemühen. Neben der differenzierten Betrachtung verschiedener Vergabeverfahren wurde auch untersucht, wie sich verschiedene Gruppen von Auftraggebenden am Markt positionieren. Bei den Berliner Landesbehörden ist eine generelle Bereitschaft zur Durchführung von Planungswettbewerben bei der Suche nach der jeweils besten planerischen Lösung zu erkennen. In Bezug auf landeseigene Gesellschaften ist dieser qualitätsorientierte Ansatz noch nicht hinreichend ausgeprägt, so dass aus Sicht der Architektenkammer Berlin bei diesen noch die Überzeugung wachsen muss, dass sich Planungswettbewerbe auch für Auftraggebende lohnen. Die baukulturelle Vielfaltwürde wachsen und der kleinteilig geprägte Mittelstand könnte zu einer gelungenen Berliner Mischung in den Quartieren beitragen.
Architektenkammer Berlin
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