Pro und Contra Lüftungstechnik

Frische Luft braucht jeder. Daher müssen sich Bauherren beim Neubau eines Hauses oder bei der Modernisierung eines Altbaus irgendwann mit dem Thema Lüftung auseinandersetzen. Gesteigerte Anforderungen an die energetische Qualität von Gebäuden und eine bessere Luftdichtheit der Gebäudehülle zwingen Planer und Nutzer dazu, sich aktiv mit dem Thema Lüftung zu befassen.

Manuell oder mechanisch?

Bis vor wenigen Jahren waren mechanische Lüftungsanlagen im Wohnungsbau noch auf wenige Ausnahmen, beispielsweise innenliegende Bäder oder Passivhäuser, beschränkt. Bewohner schafften den notwendigen Luft­austausch üblicherweise über manuelles Öffnen der Fenster als Kipp- oder Stoßlüftung. Daneben sorgten aber auch zahlreiche Undichtheiten am Baukörper für einen (aus energetischer Sicht ungewollten) Luftaustausch mit der Außenluft. Gerade diese sogenannte „natürliche Infiltration“ ist aber bei heutigen Neubauten durch eine sorgfältige Ausführung der luftdichten Gebäudehülle und durch besser schließende Fenster erheblich beschränkt.

Im Rahmen jeder Bau- oder Sanierungsplanung ist vom Planer oder Hausanbieter ein Lüftungskonzept zu erstellen, aus dem der Frischluftbedarf und eine notwendige Luftwechselrate ermittelt werden. Diese Berechnung berücksichtigt auch die Dichtheit des Gesamtgebäudes und zeigt auf, mit welchen Maßnahmen ein hygienisch notwendiger Mindestluftwechsel erreicht werden kann. Häufig resultiert aus diesen Berechnungen ein Lüftungsintervall, das den Bewohnern bei normaler Nutzung der Wohnung kaum zugemutet werden kann. Deshalb muss fast zwangsläufig über mechanische Lüftungskomponenten nachgedacht werden.

Zu bedenken ist hier auch, dass eine manuelle Lüftung über Fenster immer zur Folge hat, dass (teuer erwärmte) Raumluft nach außen abgeführt wird und frische Außenluft erneut erwärmt werden muss. Bei heutigen, gut gedämmten Häusern ist der Wärmeverlust über die Lüftung häufig höher als der Wärmeverlust über die Gebäudehülle. Auch daher sollte darüber nachgedacht werden, die Energieverluste über Lüftungsanlagen mit Wärmerückgewinnungen zu reduzieren.

Einfach oder aufwändig?

Ist die Entscheidung für eine mechanische, ventilatorgestützte Lüftung gefallen, stellt sich die Frage nach der richtigen Anlage. Nicht jedes Lüftungssystem ist für jeden Einsatzbereich gleichermaßen geeignet. Kontrollierte Wohnraumlüftung (KWL) kann man in verschiedene Kategorien unterteilen: Einfache Abluftsysteme führen verbrauchte Luft meist aus geruchsbelasteten Bereichen, wie WCs oder Küchen, mit mechanischer Unterstützung nach außen, während Frischluft z.B. über Fensterfalzlüfter oder Nachströmöffnungen in das Gebäude gelangen kann. Bei diesem System wird zwar Luft ausgetauscht, aber keine Wärme zurückgewonnen. Dafür sind Kosten und Installationsaufwand überschaubar und das System ist auch in den meisten Bestandsgebäuden problemlos nachrüstbar. Eine Erweiterung dieses Systems bieten raumweise eingebaute Ventilatoren mit Wärmetauschern, die in dafür hergestellten Außenwanddurchbrüchen installiert werden. Derartige dezentale Lüftungsanlagen sind mit Wärmetauschern ausgestattet. Auch können bei diesen Systemen Zu- und Abluft der einzelnen Räume aufeinander abgestimmt und reguliert werden. Neben höheren Kosten muss der Nutzer eine Vielzahl von Einzeldurchbrüchen mit entsprechenden Abdeckungen an seiner Fassade in Kauf nehmen. Auch Außengeräusche, z.B. Straßenlärm, werden unter Umständen im Innenraum deutlicher wahrgenommen. Da die Lüfter unmittelbar am jeweiligen Raum angeordnet sind, kann bei dezentralen Einzelanlagen auch eine erhöhte Geräuschbildung gegenüber vergleichbaren zentralen Anlagen auftreten. Dafür ist der Installationsaufwand überschaubar und die Kosten im Vergleich zu zentralen Anlagen geringer. Derartige Systeme sind auch bei Sanierungen gut einsetzbar, da kein aufwändiges Kanalnetz erforderlich ist. Eventuelle Reparaturen oder Wartungsleistungen sind mit geringem Aufwand möglich.

Zentrale KWL- Anlagen: Lohnt es sich?

Alternativ zu dezentralen KWL- Anlagen kommen gerade im Neubaubereich zentrale Lüftungsanlagen mit Wärmerückgewinnung zum Einsatz. Bei dieser Bauart erfolgt die Versorgung der Räume über ein Kanal- bzw. Rohrleitungsnetz mit einzelnen Auslässen für Zu- und Abluft. Ein zentrales Lüftungsgerät versorgt dann die ganze Wohnung mit Frischluft von außen und führt verbrauchte Luft ab. Der Abluft wird über einen im Gerät befindlichen Gegenstrom-Wärmetauscher ein Großteil der Wärme entzogen und der Zuluft wieder zugeführt. Auf diese Weise können Wärmerückgewinnungsgrade von über 90% realisiert werden.

Durch den Abstand des schallgedämpften Lüftungsgerätes von ruhebedürftigen Räumen lassen sich Geräusche des Gerätes bei richtiger Planung gut abschirmen. Daher ist die häufig geäußerte Sorge vor einer Geräuschentwicklung an den Zu- und Abluftventilen nicht berechtigt. Wenn die Anlage zudem regelmäßig gewartet und ganzjährig betrieben wird, sollten Ablagerungen im Rohrnetz und eine Verkeimung nicht auftreten. Nachteil dieser Bauweise ist neben teureren Kosten für die Errichtung auch ein erhöhter Planungsaufwand und Platzbedarf für das Verteilnetz. Bei rechtzeitiger Berücksichtigung in der Planung ist dies aber in aller Regel problemlos möglich.

Trotz des Nachteils von Kosten und Installationsaufwand: Eine richtig geplante und auf die Anforderungen des Nutzers abgestimmte Lüftungsanlage schützt vor Feuchte- und Schimmelschäden. Sie garantiert dem Bewohner gleichbleibend gute Raumluftqualität und bietet damit einen deutlichen Komfortgewinn. Darüber hinaus hilft eine kontrollierte Wohnraumlüftung, Energie zu sparen und trägt damit ebenfalls zum Klimaschutz bei.

Pro und Contra Lüftungstechnik
Dipl.-Ing. Holger Schmidt, Bauherrenberater des Bauherren-Schutzbund e.V. © Bauherren-Schutzbund e.V.

Weitere Informationen unter www.bsb-ev.de

Quelle: Bauherren-Schutzbund e.V.

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